Selten bis nie dürfte es der Fall gewesen sein, dass deutsche Investoren eine alternative Asset-Klasse so konsequent und schnell aufgebaut haben wie Infrastruktur. Eine große Frage bei Allokationen in Infrastruktur, die sich nicht nur für den Moderator Dr. Bernd Kreuter von Palladio Partners stellt: Equity oder Debt? Für den Leiter eines Infrastructure-Debt-Teams ist die Antwort klar.
Thomas Bayerl von der Meag hat für seine FK-Präferenz aber auch gute Argumente. Bayerl nannte zum Beispiel das typische Risiko von Infrastruktur, das es zu staatlichen Anpassungen kommt: „Prinzipiell steht und fällt Infrastruktur mit der Rechtssicherheit.“ Das beste Asset nütze ohne vernünftiges Rechtssystem nichts. „Solange ein Projekt aber volkswirtschaftlich Sinn macht, wird es politisch nie so kalt gestellt werden, dass staatliche Anpassungen auf die Debt-Seite durchschlagen. Deshalb favorisiere ich aus Risikoüberlegungen Fremdkapital.“
EK-Sponsoren argumentieren aber, dass ein Eigentümer einen tieferen Einblick in ein Projekt nehmen kann als ein Fremdkapitalgeber. „Ich bekomme sehr detaillierte Reportings und kann intervenieren, wenn Covenants gerissen werden“, widerspricht Bayerl. Unterschätzt werden sollte das Transparenzargument aber nicht. Die Eigenkapitalseite kann bezüglich der Informationsasymmetrie anführen, dass man als Auftraggeber einen gewissen Einfluss auf den Due-Diligence-Provider hat. Dies ermöglicht darauf hinzuwirken, dass die Reports eher vorteilhaft ausfallen, so dass mit der FK-Seite ein günstigerer Deal vereinbart werden kann. „Die Prüfung des EK-Gebers ist auch umfangreicher und tiefer als die der FK-Seite“, so Frank Heiss von Swiss Life Asset Managers. Zudem, so Heiss, bietet die EK-Seite mehr Inflationsschutz: „In der Regel sind die Umsätze indexiert. Bei einer fixen Verzinsung besteht kein automatischer Inflationsschutz.“
Zu langlaufenden Liabilities passt Infra-Debt ideal – zumindest bislang. „Die Asset-Klasse erscheint insgesamt stabil und robust strukturiert, so dass die Recovery Rates hoch ausfallen“, sagte Bayerl. „Der Nachfrageüberhang könnte aber dazu führen, dass neue Investoren Sponsorenangaben kaum hinterfragen und weniger strikte Covenants akzeptieren. Infrastruktur ist aber nicht risikolos, der Teufel steckt im Detail. Sonst würden wir nicht ein so hoch qualifiziertes Team beschäftigen.“ Ergänzt wird das eigene Know-how zudem mit dem von Ingenieuren der Munich Re.
Trotz des hohen Wettbewerbs vergab die Meag seit 2015 bereits über eine Milliarde Fremdkapital. Bayerl: „Wir waren von Anfang an lieferfähig und wurden somit als zuverlässiger FK-Geber gesehen. Dementsprechend hatten wir 2016 eine volle Pipeline.“ Ein gutes Argument pro EK: die höhere Rendite! Insbesondere attraktiv ist für die meisten Anleger die hohe Cash Yield. „Unser erster, mittlerweile voll ausfinanzierter Fonds kommt nun auf eine Dividendenrendite von über sechs Prozent“, so Frank Heiss. Diese fließt in die Kassen der Swiss Life und der Drittinvestoren. „Auf der FK-Seite lassen sich dagegen nach unserer Erfahrung bei fünf Jahren Laufzeit nur noch maximal 120 Basispunkte verdienen. Höhere Renditen gibt es nur noch für eine längere Duration oder ein höheres Kreditrisiko“, so Heiss.
Wie für die Debt-Seite allgemein gilt auch für Infrastrukturdarlehen, dass die Rendite für sich genommen „kein Zungenschnalzer“ ist, erklärte Dr. Oliver Lang, der auf Berufsstationen bei der Allianz, Protektor und als CFO der VPV zurückblickt und nun zur Kapitalanlage berät. „Die Rendite in Relation zum eingesetzten Solvenzkapital ist aber herausragend!“ Zur Begründung verwies Lang auf die Möglichkeit, Infrastrukturdarlehen so auszugestalten, dass man Renditen von drei bis vier Prozent erzielt – und damit etwas mehr als der durchschnittliche Garantiezinssatz des Versicherungsbestandes – und die Assets unter Solvency II als qualifizierte Infrastruktur eingeordnet werden. So kommt man auf eine niedrigere Risikokapitalquote. „Das ist für viele Versicherer sehr interessant“, so Lang, der an einem Pilotprojekt arbeitet, Infrastrukturdarlehen als Core-Investment für den Direktbestand investierbar zu machen.
Ein wichtiges Kriterium für die Einordnung als qualifizierte Infrastruktur ist die Durchsicht auf die Assets. Hier nehmen sich Robert Massing von der Solutio AG, die als Dachfondsanbieter Infrastruktur und Private Equity für kleinere und mittelgroße Anleger erschließt, selbst in die Pflicht: „Dachfonds müssen die Zielfonds dazu drängen, dass diese die Reportings mit den dafür relevanten Informationen zu den investierten Unternehmen vorhalten und entsprechend an die Versicherungskunden durchreichen.“ Massing geht davon aus, dass mittelfristig zumindest so viel Transparenz geschaffen werden kann, dass für etwa die Hälfte des Portfolios die Eigenmittelunterlegung auf 30 Prozent sinkt. „Hier liegt noch ein längerer Weg vor uns.“
Mit der Regulierung von Versicherungen und daraus abgeleiteten Investitionslösungen beschäftigen sich viele Dienstleister, so auch die HSBC. „Gerade in den illiquiden Segmente, insbesondere bei Private Lending, sind Investments für die stark regulierten deutschen Institutionellen eine Herausforderung“, erklärte HSBC-Spezialist Patrick Suchy. „Für Versicherungen braucht es ein dezidiertes Look-through-Reporting auf jedes einzelne Asset.“ Apropos Private Lending: Hier schwanken die Abgrenzungen zu den anderen Fremdkapitalmärkten. Blackrock hat den Markt für sich als One-to-one-Transaktionen zwischen Blackrock und kreditsuchenden, mittelständischen Unternehmen definiert – also ohne von Banken vorstrukturierte Finanzierungen. „Überrenditen sind dort möglich, wo wir die Finanzierungen selbst strukturieren“, so Dr. Theo Weber, Head of Origination of Private Debt in Deutschland.
Eine positive Entwicklung für das europäische Segment sieht Weber darin, dass die gestuften Finanzierungen durch eine Finanzierung aus einer Hand ersetzt werden. Wenn die Unternehmen komplexe Finanzierungen nicht mehr mit verschiedenen Parteien verhandeln müssen, bekommen sie mehr Flexibilität und Geschwindigkeit – zwei wesentliche Kriterien, da der Finanzierungsbedarf stark M&A-getrieben ist. Weber: „Unser Vorteil ist, dass wir schneller als Banken sind.“ Der Vorteil für die Investoren wiederum ist, dass sich der Kreditnehmer Flexibilität und Geschwindigkeit etwas kosten lässt – Stichwort: Komplexitätsprämie –, und man im Insolvenzfall, dank der Unitranche, „der wichtigste Mann am Tisch ist. Dies sorgt für eine hohe Wertaufholungsquote“, so Weber.
Der viel größere Private-Credit-Markt sind die USA. „Europa ist kleiner, hat mehr Barrieren und Regulierung. Prinzipiell liegt die Attraktivität des US-Markts in seiner Größe“, sagte Michael Zupon, Gründer der 2016 von AGI übernommenen Sound Harbor. Als Argument für Privatmärkte führte Zupon an, dass man auf diesen auf Vertrauensbasis zusammenarbeitet, auf gelisteten Märkten die Beziehungen dagegen anonym sind.
Zupons Einschätzung zum höheren Reifegrad des US-Markts teilt auch die RAG-Stiftung. „Wer wie wir in Credits investiert sein will, sollte auch in Nordamerika aktiv sein. Dieser Markt ist deutlich liquider und reifer als der europäische“, erläuterte Timo Bartell. Der stellvertretende Leiter Kapitalanlagen der RAG-Stiftung sieht in Private Credits eine gute Ergänzung zum High Yield Exposure. Eine große Herausforderung für die Managerselektion in Europa liegt für Bartell darin, dass es (noch) keine aussagekräftigen Track Records wie in Amerika gibt. Sehen möchte Bartell bei den Teams mehrere Kompetenzen. „Wir bevorzugen interdisziplinäre Teams, Teams die direkten Kontakt zu den Unternehmen haben, die Transaktionen verhandeln und strukturieren können sowie in der Lage sind, Transaktionen eigenständig umzusetzen“, beantwortete Bartell eine Frage von Moderator Niels Bodenheim von Bfinance.
Von Patrick Eisele
portfolio institutionell, Ausgabe 05/2017