Wer sich vor zehn Jahren dafür entschieden hat, Asset-Klassen kostengünstig über deren Beta abzubilden, hat im Nachhinein betrachtet alles richtig gemacht und darf sich beglückwünschen. Sehr fraglich ist jedoch, ob dies auch das richtige Anlagerezept für die kommenden Jahre ist. „Die Aufwärtsbewegung risikoreicher Assets muss noch nicht zu Ende sein. Der Kreditzyklus befindet sich aber in einer fortgeschrittenen Phase, sodass mit einem Anstieg der Volatilität und zunehmenden Marktverwerfungen zu rechnen ist“, erklärte Ralph Gasser, Head of Fixed Income Specialists bei GAM Investments, in einem in das Anlagethema Liquid Alternatives einführenden Vortrag auf der portfolio institutionell Jahreskonferenz. „Ein gradueller Anstieg der Volatilität von den tiefen Niveaus, auf denen wir uns bislang bewegt haben, ist durchaus wahrscheinlich“, so Gasser, der für diese Prognose auch mit der inversen Zinskurve, der zunehmenden Gefahr von Event-Risiken auf der Unternehmensebene, dem gesunkenen Eigenhandelsvolumen der Broker, dem kaum noch existenten Carry und auch damit argumentiert, dass Investoren renditebedingt heute oftmals außerhalb ihrer Komfortzone unterwegs sind. Mehrwert dürften Investoren darum nun in einer Abkehr von der Beta-Allokation und in einer Zuwendung zu Alpha-Strategien finden. „Alles spricht klar für einen aktiven Ansatz“, so der Fixed-Income-Experte.
Der Argumentation von Gasser dürften die in dieser Jahreskonferenz-Session anwesenden Investoren zustimmen. Aber müssen es gleich die von Gasser propagierten Liquid Alternatives oder gar wieder die seit der Finanzkrise eher schlecht beleumundeten Offshore-Hedgefonds sein? Im Februar 2018 mussten zwei großvolumige Exchange-Traded-Note-Ansätze der Credit Suisse die Segel streichen, die mit einer Short-Volatility-Strategie auf dem falschen Fuß erwischt wurden. Dass jedoch eine solche Strategie in die Binsen geht, spricht eher für die Gassersche Warnung, Volatilitätsanstiege nicht zu unterschätzen. Außerdem hat Gasser ein anderes Verständnis von aktivem Management als systematisch short oder long zu gehen.
Sinnvoller sei vielmehr eine diversifizierend wirkende Vielzahl an aktiven Varianten und Wetten, die nicht an bestimmte Asset-Klassen gebunden sind und die gegebene Marktsituation berücksichtigen. „Der Fokus sollte aber auf liquiden, transparenten und skalierbaren Anlageinstrumenten liegen.“ Für Kunden bieten Liquid Alternatives nun viele Einsatzmöglichkeiten. Dies auch darum, weil sich diese weiterentwickelt haben. Bislang war die Welt der Liquid Alternatives primär von „Hedgefonds-light“-Ansätzen geprägt, die in einen Ucits-Mantel gepackt wurden. Gasser: „Interessant ist der aktuelle Trend, dass Liquid Alternatives nun darauf abzielen, mit sophistizierten Strategien traditionelle Probleme zu lösen.“
Liquide, transparent und Gebühreneffizient
Systematische Ansätze haben jedoch natürlich nach wie vor ihre Berechtigung in der aktiven Welt – solange sie diversifizierend wirken. Dies betonte Vikas Kapoor. Um seine Meinung zu untermauern nennt der Co-Leiter des Alternative-Solution-Teams von Alliance Bernstein als -Beispiel Merger Arbitrage: „Auf fundamentaler Basis kaufen wir systematisch jeden strategischen Deal. Dies auf einem liquiden, transparenten, Gebühren-effizienten Weg umzusetzen, führt zu einem attraktiven Return Stream. Wichtig ist dabei, auf eine ausreichende Diversifikation zu achten.“ Für eine systematische Risikoreduzierung sorgt bei dieser Strategie, dass AB sowohl auf der long- als auch auf der short-Seite aktiv wird.
Marktunabhängige und konvexe Manager
Auch Florian Plepla vom Family Office BTV und Dr. Toby Goodworth vom Berater Bfinance betonten in ihren Eingangs-Statements die Wichtigkeit der Diversifikation. Während Kapoor empfiehlt, innerhalb einer Strategie das Risiko über die Anzahl der Transaktionen zu streuen, diversifiziert BTV aus Gesamtportfoliosicht mit Hedgefonds die Aktienrisiken des Family Office und Bfinance‘ Goodworth – „Diversification is Key“ – die Risiken und Kosten innerhalb des alternativen Portfolios. Für die Konstruktion alternativer Portfolios können verschiedene Bausteine eingesetzt werden. In der Ausschreibungspraxis von Bfinance wurden vor allem in den beiden vergangenen Jahren von den Kunden quantitative Ansätze präferiert. Gründe hierfür sind laut Goodworth Kosten, Transparenz und Liquidität. Allerdings, so der Berater, ist bezüglich der Konstruktion alternativer Portfolios zu beachten, dass mit Alternative Risk Premia nur bestimmte Stile und Prämien vereinnahmt werden können. Um sich die ganze Range zu erschließen, brauche es auch die weniger liquiden Segmente. Bezüglich Diversifikation empfiehlt sich laut Goodworth, Strategien in zwei Arten einzuteilen: Einerseits in Strategien, die der Asset Manager unabhängig vom Marktgeschehen umsetzt und andererseits in konvexe Strategien, also die „eher heroischen Liquiditäts-Provider“. Letztere, wie zum Beispiel Long-Vola-Anbieter erfordern von Investoren in den meisten Marktphasen viel Geduld (und Kosten), liefern jedoch in signifikanten Marktkorrekturen. Goodworth: „Die Balance zwischen marktunabhängigen und konvexen Managern ist sehr wichtig.“ Nur mit konvexen Managern zu investieren, empfiehlt sich aus Kostengründen allerdings nicht. Im jetzigen Zyklus könnte es aber sinnvoll sein, konvexe Strategien höher zu gewichten. Dies sehen offenbar auch Bfinance-Kunden so. „Bei unseren jüngsten Searches waren vor allem konvexe Manager, und zwar diskretionäre und systematische, gefragt.“
Allerdings funktioniert nicht jede Strategie in jedem Downturn gleich. Manche liefern auch erst in einem richtigen Downturn. „Für die -Portfoliokonstruktion braucht es Verständnis darüber, welcher Return Stream in welchem Umfeld wie arbeitet“, so Vikas Kapoor von Alliance Bernstein, der zuvor für den Plattformanbieter Ramius Alternative Solutions tätig war. Qualitäts-Assets, so ein Beispiel des Alternative-Experten Kapoor, mögen in sehr extremen Downturns besser performen. Bei mittelschweren Downturns seien diese Vermögenswerte jedoch diejenigen, die Investoren wegen ihrer Liquidität als erstes verkaufen. Eine eher praktisch veranlagte Frage ist bei der Portfoliokonstruktion auch, was sich die Kunden mit Blick auf Gebühren, Illiquidität und Solvency II leisten können. Diesbezüglich spricht für Vikas Kapoor viel für Alternative Risk Premia.
Am anderen Ende der Liquidität
Die Überlegung, dass Liquidität nicht immer von Vorteil ist, hat sich auch BTV zu Eigen gemacht. „Tägliche Liquidität ist für uns der falsche Ansatz“, so Florian Plepla. „Unser Hedgefonds-Portfolio basiert auf fundamentalen Überlegungen und ist grundsätzlich langfristig ausgerichtet. Aus unserer Sicht brauchen fundamentale Strategien eine gewisse Zeit. Außerdem können andere Anleger nicht über Nacht ihr Geld abziehen.“ BTV hat darum kein Problem, Lock-ups zu akzeptieren. Dafür kann das Family Office dann aber auch langfristig ambitioniertere Renditeziele verfolgen.
Das Spektrum der Liquid Alternatives bleibt dagegen bei dem Family Office außen vor. Dies liegt nicht nur an den Renditezielen. „Das Kostenargument steht für uns nicht im Vordergrund. Wenn jemand über längere Zeit gezeigt hat, Alpha produzieren zu können, dann sind wir auch bereit, hohe Management und Performance Fees zu zahlen“, so Plepla, der an dieser Stelle auf das Alignment of Interests verweist. Ein weiterer Punkt, der im Widerspruch zum häufig bemühten Transparenz-Argument von Liquid Alternatives steht: „Unsere fundamental getriebenen Hedgefonds sind einfacher zu verstehen als viele Liquid Alternatives. Letztere haben eine höhere Komplexität. Für uns ist aber immer sehr relevant, die Strategie zu verstehen.“ Dann kann man sich auch mit einem mit acht bis zehn Strategien eher konzentrierten Portfolio wohl fühlen.