Während Fragen des Risikomanagements und der Einhaltung von regulatorischen Anforderungen in kritischen Marktphasen auf dem Podium eine große Rolle spielten, blieb auch die Frage nach der Generierung von Alpha nicht unbeantwortet. So kam das Gespräch auf ein großes Thema der vergangenen Jahre: Faktor-Investing. Ein Thema, zu dem die Teilnehmer zwar positive Einstellungen hegen, sich mitunter aber kritisch bezüglich der Umsetzbarkeit zeigten. Denn: „Faktor-Investing ist zu instabil“, so Kaffarnik. Zwar könne das über fünf oder zehn Jahre klappen, wenn es aber ein oder zwei Jahre eine Under-Performance gebe, sei das für Kunden trotzdem zu volatil. Dies bestätigt Schwetlik auf dem Podium. Inzwischen gebe es bei der Bayerischen bloß noch drei Mandate, bei der man Freiheit in den Anlagestilen genieße, die anderen sind nach zwei Jahren negativer Performance relativ zum Index eingestellt worden. Als Grund gegen Factor-Investing nennt er auch die große Unübersichtlichkeit bei Strategien und Indizes. „Es gibt inzwischen 3,6 Millionen Indizes und ich weiß nicht, wie viele davon auf Faktorprämien beruhen. Vielleicht eine Million? Da ist es schwierig zu sagen, ich picke mir den richtigen raus.“ Um eine Strategie auch in schlechteren Phasen verteidigen zu können, kann Schwetlik von positiven Erfahrungen mit einer ESG-Strategie berichten, die sie aufgesetzt haben. Dort habe es auch in schlechteren Jahren intern nicht so große Diskussionen gegeben.
Dieses insbesondere in den liquiden Asset-Klassen zunehmend Mainstream werdende Thema wurde an anderer Stelle noch ausführlicher diskutiert. Das Nachhaltigkeitspanel stand von Anfang an unter dem Motto Verantwortung. Anleger hätten eine Verantwortung für ihr Geld, die könne man nicht einfach abgeben, appelliert Ewald Stephan von der Verka VK eindringlich. Viele würden zwar inzwischen Nachhaltigkeit Bedeutung zumessen, wenn es inhaltlich passe. „Aus innerer Überzeugung, würde ich mal vermuten, machen es die meisten noch nicht.“ Viele machen Nachhaltigkeit inzwischen aus Risikomanagement-Gründen, stellt er fest und auch für ihn ist Nachhaltigkeit „gelebtes Risikomanagement“. Aber ihn treibe eben auch die Überzeugung. Er habe die Maxime vermittelt bekommen, dass Geld nicht stinke. „Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass Geld ganz gewaltig stinkt.“ Er beobachtet, dass viele ihre Verantwortung bezüglich der Kapitalanlage aus der Hand geben. Auch Silke Stremlau, Vorstand bei den Hannoverschen Kassen, die das Podium moderiert, kann dies beobachten. „Das ist eigentlich keine Haltung. Das ist eher eine Angstfrage, wenn es um Verantwortung bei der Geldanlage geht. Das Thema wird komplett weggeschoben.“
EbAVs wachen auf
Natürlich kommt die Diskussion auch auf die ESG-Regulierung durch EbAV-II und den EU-Aktionsplan zu Sustainable Finance zu sprechen. Denn wie Stremlau in ihren Eingangsworten feststellt, wird die aktuelle Diskussion vor allem durch das Momentum aus Brüssel ausgelöst. Diesem sei zu verdanken, dass jetzt eine wirkliche Diskussion über Unternehmen und die Zukunftsfähigkeit von deren Geschäftsmodellen geführt werde – und nicht lediglich, wie viel Recycling-Papier diese verwenden. Seitens der Verbände von Aba über GDV bis zum BVI sieht sie dagegen teilweise Erstarren – und auch viele Pensionskassen müssten sich nach dem Inkrafttreten von EbAV-II jetzt erstmals damit beschäftigen: „Bei den EbAVs gibt es ein Aufwachen, diese haben das Thema lange Zeit vernachlässigt und gesagt, da haben wir nichts mit zu tun.“ Allerdings gibt es trotz der spürbaren Begeisterung für das Thema Nachhaltigkeit auch kritische Worte zur Umsetzung der Regulierung. So bemängelt Ewald Stephan an der Umsetzung von EbAV-II zum einen, dass dadurch noch mehr Regulierung geschaffen worden sei, mit der die Kapazitäten überfrachtet werden. Zum anderen aber auch, dass sich Aba und GDV so die Gesetze hineingeschrieben hätten, dass man Nachhaltigkeit als eher nachteilig wahrnehmen müsse. „Die Regel sagt: Wenn Sie nachhaltig investieren, müssen Sie ein geeignetes Risikomanagement haben.“ Dagegen werde die Investition in ein herkömmliches Atomkraftwerk als nicht gesondertes Risiko behandelt, dies könne er nicht nachvollziehen.
Nachhaltigkeit als Chance und Notwendigkeit
Überhaupt pendelt das Podium zwischen den Standpunkten, Nachhaltigkeit als Notwendigkeit und als Chance zu begreifen. Dirk Braun, der bei EnBW die Funktion des Director Asset Management – Alternative Investments verantwortet, versteht sein Unternehmen als klassisches Transformationsunternehmen und will zunehmend selbst Treiber der Energiewende sein. Mit der Strategie 2020 habe man sich nach Fukushima sehr stark an dem Thema Nachhaltigkeit ausgerichtet. Anfangs musste man stark reagieren, da „der Markt über Nacht auf einmal ganz anders“ gewesen sei. „Da wir als EnBW-Konzern nach wie vor auch Netzbetreiber sind, haben wir unter anderem den Vorteil, weiterhin stabile Cashflows zu generieren.“ Auch im Rahmen der Kapitalanlagen beschäftige sich der Konzern schon lange mit Nachhaltigkeit, dies sei somit kein Neuland. Der Fokus liegt dabei auf Governance-Kriterien.