Von Risiken und großer Verantwortung

Vorreiter der Nachhaltigkeit: ESG-Trends erörterten Dr. Karin Bassler vom Arbeitskreis Kirchlicher Investoren, Ewald Stephan von der Verka, Silke Stremlau von den Hannoverschen Kassen und Dirk Braun von der EnBW (v.l.n.r.). (Bild: Andreas Schwarz)
Vorreiter der Nachhaltigkeit: ESG-Trends erörterten Dr. Karin Bassler vom Arbeitskreis Kirchlicher Investoren, Ewald Stephan von der Verka, Silke Stremlau von den Hannoverschen Kassen und Dirk Braun von der EnBW (v.l.n.r.). (Bild: Andreas Schwarz)

„Das war keine V-Shape Recovery, das war ein V-Shape-Crash“, sagte Dr. Ulrich Kaffarnik, Mitglied des Vorstands der DJE Kapital AG, auf dem ­Aktienpanel mit Blick auf den Absturz im letzten Quartal 2018 und das stolze Ergebnis der Aktienmärkte im ersten Quartal 2019. Ebenso schnell wie es normalerweise nach unten geht, lief es 2019 wieder nach oben. Den Ball im Spiel zu halten, sprich, rechtzeitig am ­Aufschwung zu partizipieren, werde da zum Kernproblem. Dies ist ­allerdings angesichts knapper Risikobudgets nicht so einfach. Denn Aktienbestände sind durch Solvency II und Anlageverordnung stark reglementiert, was die Frage aufwirft, wie sich Risikobudgets effizient nutzen lassen. Dies war die zentrale Frage, über die sich die Teil­nehmer auf dem Aktienpanel bei der portfolio institutionell Jahres­konferenz austauschten und mitunter auch stritten.

Am klarsten hob sich wohl Franz Weis, Geschäftsführer von Comgest Deutschland, von den anderen Teilnehmern ab. Aktienrisiken würden seiner Ansicht nach überschätzt. Zwar gebe es Volatilitäten, welche ­jedoch oftmals die fundamentalen Parameter völlig unberührt lassen. Er rät zu einer langfristigen Strategie, welche auf Gewinnwachstum von Unternehmen abzielt. „Vergesst Beta, fokussiert euch auf Alpha“, lautet sein Credo. Wichtig ist für ihn vor allem, klassische Glaubenssätze zu überdenken. „Entgegen dem, was man an der Uni lernt: Man muss nicht Risiko nehmen, um Performance zu erzielen.“ Volatilität könne man nicht nur durch Absicherung, sondern auch durch die Auswahl von Unternehmen mit risikoarmen Geschäfts­modellen und langfristigen Wachstumsperspektiven reduzieren.

Meistern die Auf und Abs von Aktien: Dr. Ulrich Kaffarnik und Marc Schwetlik (1. Bild v.l.n.r.). Analysieren die Alphas und Betas von Aktien: Franz Weis, Eric Dubiel und Moderator Jürgen Huth (2. Bild v.r.n.l). (Bilder: Andreas Schwarz)
Meistern die Auf und Abs von Aktien: Dr. Ulrich Kaffarnik und Marc Schwetlik (1. Bild v.l.n.r.). Analysieren die Alphas und Betas von Aktien: Franz Weis, Eric Dubiel und
Moderator Jürgen Huth (2. Bild v.r.n.l). (Bilder: Andreas Schwarz)

Marc Schwetlik, CIO bei der Bayerischen Beamten ­Lebensversicherung, begrüßt im Grundsatz den Ansatz, langfristige Strategien mit Qualitäts­aktien zu fahren. Allerdings sei dies aufgrund der ­Regulatorik oftmals nur mit Absicherung mittels Overlay möglich: „Wir sind durch Solvency II und durch die HGB-Bilanzierung leider gezwungen, auf Kalenderjahrbasis tabula rasa machen zu müssen.“ Ein Jahr wie 2008, in dem der Dax bei minus 40 Prozent stand, überlebe man normalerweise nur mit Mühen. Vor allem ist danach die Aktienquote unten, da man zwangsweise am Tiefststand verkaufen muss. So war es bei dem Versicherungskonzern, bei dem Schwetlik damals noch beschäftigt war. Dies sei ein Problem, dass sie vermeiden wollen, so Schwetlik. Als Strategie fährt die Bayerische, die sowohl Solvency II als auch HGB als Richtschnur hat, Tail-Risiken mittels Long-Put-Optionen zu verringern. Der maximale Drawdown soll so auf 13 Prozent verringert werden. Dafür zahlt die Bayerische eine Versicherungsprämie von ­ungefähr drei Prozent im Jahr. „Das ist uns das auch wert und auch unter Solvency für den Return on SCR (Quotient aus Rendite und SCR) auch sinnvoll. Sprich, das SCR drittelt sich dadurch. Dadurch steigt der Return on SCR an und deshalb macht es als Solvency-Investor Sinn, Risiken abzusichern.“ Eine hohe Dividendenrendite könne einen Teil der Kosten für die Optionen wieder hereinholen.

Klassische Wertsicherungen unter Druck

Kaffarnik kann berichten, dass die ­Absicherungsanforderungen der meisten der Kunden der DJE weit darüber hinaus gehen. Dies ­können drei oder fünf Prozent sein, mit Put-Optionen komme man da nicht weiter. Wichtiger seien eine permanente taktische Allokation und eine fortlaufende Anpassung der Risikoquote an veränderte Markt­bedingungen. Die Marktbedingungen sind dabei einem starken ­Wandel unterlegen, wie Eric Dubiel, Equity Derivatives Structurer bei Morgan Stanley Investment Management, zu berichten weiß. Die ­immer stärkere Algorithmisierung führe zu sehr starken Markt­bewegungen wie im Februar und Oktober vergangenen Jahres. ­Ähnlich schnell kommt der Markt dann zurück. Klassische Wertsicherungen, die in stürmischen Phasen aktiv oder regelbasiert Aktien verkaufen, um ihr Risikobudget nicht zu unterschreiten, kommen da an ihre Grenzen, glaubt er, da diese Signale von Hedgefonds genutzt werden, um diese Wertsicherungssysteme front zu runnen. „Diese ­sehen, dass zum Tagesschluss der Markt runtergehen wird, das heißt die Wertsicherer müssen verkaufen, da kann der Hedgefonds zuvor verkaufen und das Wertsicherungskonzept ist dann immer zu spät.“ Ähnliches geschehe, wenn der Markt zurückkommt. Besser seien deshalb options­besicherte Aktieninvestments, da so im Abschwung nicht ­verkauft werden muss.

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